Mit Recht!…

… auf Stadt zu den Blockupy-Protesten am 18.3.

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Stadt des Kapitals – Eigentumswohnungen im „Quartis les Halles“, Düsseldorf

 

Das „Recht auf Stadt“, eine Losung die sich vor einigen Jahren eher im Soziologieseminar als auf der Straße fand, ist mittlerweile zum Top-Thema sozialer Kämpfe in deutschen Städten geworden – insbesondere steigende Mieten führten allerorten zu Protest und Unmut. Musste man früher  mühsam die Sache mit dem „Gentrifidingsbums“ erklären, ist die Vertreibung aus der Nachbarschaft angesichts durch die Decke schießender Mieten heute Alltagserfahrung. Dennoch erreichen städtische Kämpfe selten eine Bewegungsdynamik, oft geht es um einzelne VermieterInnen, Wohnungsgesellschaften, Bezirke und BürgermeisterInnen. Doch was uns als lokales Problem erscheint, hat globale Ursachen.

Von der Immobilienblase zum Betongold

Die als „Finanzkrise“ verharmloste Depressionsphase der Weltwirtschaft hatte ihre Anfänge in Immobilienblasen in den USA und Spanien. Faule Kredite platzten, Banken brachen zusammen, aus dem Traum vom Eigenheim wurde für viele ein Alptraum von Schulden und Obdachlosigkeit. Die spekulativ hochgetriebenen Preise fielen und viele konnten ihre Hypotheken nicht mehr bedienen.  Auf diesem Höhepunkt der Krise ging die Verdrängung erst richtig los: Die Logik des Eigentums führte zu unzähligen Zwangsräumungen, während die Gläubiger die Häuser spekulativ leerstehen ließen. In der verqueren Welt des Finanzmarktkapitalismus existiert trotz Überschuss an Wohnungen massenhafte Obdachlosigkeit.

Doch die Lösung war nicht besser als die Krise: InvestorInnen zogen ihr Kapital aus Südeuropa ab und entdeckten den vermeintlich unterbewerteten deutschen Immobilienmarkt als sichere Anlagemöglichkeit. Während die Niedrigzinspolitik der EZB klassische Anlageformen wie Tagesgeldkonten und Sparbriefe unattraktiv machte, versprach der deutsche Immobilienmarkt hohe Renditen durch Mietsteigerungen und Schutz vor Inflation und Kapitalvernichtung Die Flucht ins „Betongold“ und die Aussicht auf sichere Renditen ließen die Preise für Immobilien in die Höhe schnellen – zwischen 2007 und 2013 stiegen die Preise für Eigentumswohnungen in Berlin um 73%.  Wer konnte, kaufte seine Wohnung selbst – die Abstiegsangst derjenigen, die noch kreditwürdig waren, verschärfte die Preisspirale.
Die massiven Wellen von Verdrängung & Aufwertung werden also nicht von Hipstern und Studis angestoßen – sie gehen aufs Konto des globalen Finanzmarktkapitalismus. Neoliberale Trends wie die Privatisierung öffentlicher Wohnungen, Neubaustopps und das Ende von Mietpreiskontrollen schufen Knappheit und entfesselten den Wohnungsmarkt.  Frei von allen Fesseln zeigte das Kapital dann, was es kann: Preisbildung durch Angebot und Nachfrage. Wer Miete, gestiegene Nebenkosten und Sanierungsumlagen nicht mehr tragen kann, zieht aus und häufig an den Stadtrand.

Die EZB und deine Miete

Die globale Krise und die Wohnungskrise in deiner Stadt sind zwei Seiten derselben Medaille. Die Finanzkrise ist keine Schuldenkrise irgendwelcher Griechen, sondern Ausdruck der Struktur des Finanzkapitalismus: Unsere Mieten sind die Profite des Immobilien- und Finanzkapitals.
Insbesondere bei den großen Börsennotierten Wohnungsunternehmen sind letztere kaum noch zu unterscheiden – aber auch das kleine Kapital flüchtet sich ins Betongold. Was beim Mietezahlen passiert ist nichts anderes als die Umverteilung von Arbeitseinkommen in die Grundrente des Vermieters und im zweiten Schritt wiederum in die Profite von dessen Banken oder Anteilseignern.

Anstatt der Verknappung des Wohnungsmarktes durch sozialen Wohnungsbau entgegenzuwirken, wird die „schwarze Null“ beschworen. In der Dauerkrise dominiert die „Austerität“, also das „Sparen, Sparen, Sparen“ von Staaten, Ländern und Kommunen. In dieser Zwangsjacke des Sparens sind jedoch alle Möglichkeiten verbaut, durch öffentlichen Wohnungsbau das Angebot zu erhöhen und die Mieten zu senken. Deine Miete wird also auch in Frankfurt erhöht, ganz egal ob Du in Berlin, Münster oder in Sevilla lebst.

Den Normalbetrieb unterbrechen

Wer sich für ein Recht auf Stadt einsetzt, in MieterInnengruppen, Kiezinis und Nachbarschaftstreffen unterwegs ist, sich gegen steigende Mieten, aber auch gegen Videoüberwachung, Security und Privatisierung öffentlicher Räume einsetzt, kann die Augen nicht verschließen vor den globalen Kreisläufen des Kapitals. Auch der Sicherheitswahn in unseren Städten ist nichts anderes als Anlagensicherung, Teil einer auf Profit kalkulierten Aufwertung von Häusern, Straßen und Städten. Das Verschwinden von Brachen und Frei-Räumen nichts anderes als die Durchsetzung der bestmöglichen Verwertung des investierten Geldes.
Jeder lokale Kampf gegen diese Logik der Verwertung ist zu begrüßen, jede blockierte Zwangsräumung ist ein Gewinn, jede verhinderte Privatisierung stärkt das Bewußtsein, dass Wohnen ein Grundbedürfnis ist und keine Kapitalanlage. Dennoch fehlt den Kämpfen für das Recht auf Stadt oft die überregionale Vernetzung, die Vielfalt lokaler Gegner lädt dazu ein, sich in lokalen Abwehrkämpfen zu verzetteln.
Es ist an der Zeit, die Legitimität dieses Kapitalismus grundsätzlich anzugreifen. Wenn wir zeigen wollen, dass unsere Städte und Nachbarschaften keine Spekulationsobjekte, sind, dann müssen wir über den Tellerrand hinausgehen und ein Zeichen gegen die Normalität von Wohnraum als Ware, von Privatisierung & schlankem Staat setzen. Die antikapitalistischen Blockupy-Proteste am 18.3. bieten Gelegenheit, solch ein Zeichen zu setzen. Es geht dort nicht nur um Griechenland, Austerität, Eurozone, Memoranden und Fremdwörter. Es geht ganz konkret  um unsere Lebenswirklichkeiten und lokalen Kämpfe. Wenn in Europa und der Welt Alternativen zum Finanzmarktkapitalismus wieder denkbar werden, dann stärkt das auch den Kampf um unsere Stadt.

Vergesellschaftung statt Verwertung

Das unwidersprochen hingenommene Wort von den „systemrelevanten“ Banken zeigt, wie stark der Neoliberalismus schon vorgedrungen ist. Systemrelevant sind Grundbedürfnisse, und das Recht auf Zinseinnahmen gehört nicht dazu. Unser Gegenbegriff zur Verwertung muss Vergesellschaftung heißen: Die Abschaffung des Immobilienmarktes und seine Ersetzung durch ein System von Genossenschaften, Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften und kollektiven Wohnprojekten. Erhöhte Grundsteuern, Vermögenssteuer, Mietobergrenzen, das Verbot von spekulativem Leerstand und auch Enteignungen müssen die Profite mit Wohnraum begrenzen und eine  Umverteilung von Wohn-Eigentum in die öffentliche Hand sicherstellen. Unter dem Stichwort „Rekommunalisierung“ werden diese Alternativen bereits diskutiert. Mit der dem „Roten Wien“, wo eine sozialdemokratische Kommune einen stadteigenen Wohnungsbestand von 60% des Wohnungsmarktes aufbaute, gibt es historische Vorbilder. Doch was in den 1920ern noch reale Reform war, gilt heute vielen schon als Schreckgespenst des Kommunismus.

Diese Armut des Gedankens ist ein Grund mehr, Denkblockaden zu durchbrechen und am 18. März nach Frankfurt zu fahren! Blockupy ist mehr als Farbkleckser an einer Glasfassade, Blockupy ist ein Zeichen, dass es auch anders geht. Dass Wohnraum keine Ware ist, und die Warenwelt nicht das Ende aller Dinge.

link zur Website

 

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Bericht: Recht auf Stadt München bei Blockupy auf dem Münchner Marienplatz

europaweite-aktionstage-740x240Blockupy München übte schon mal für den Spätherbst. Dann wird in Frankfurt/M. das gigantische EZB-Gebäude in Betrieb genommen und Widerstand hat sich schon angekündigt.
Mit einem „warm-up“ auf dem Münchner Marienplatz haben verschiedene Gruppen und Initiativen auf diese Aktion aufmerksam gemacht.
Das Motto war: Sie wollen Kapitalismus ohne Demokratie – wir wollen Demokratie ohne Kapitalismus! Grenzenlos solidarisch – für eine Demokratie von unten!
Mit von der Partie war auch Recht auf Stadt München. Auf einen Infotisch wurden zB Flyer über das Mietshäuser Syndikat, dem Wohnprojekt El Caracol und druckfrisch, das Münchner Recht auf Stadt Manifest ausgelegt.
Außerdem wurde auf einer Stadtkarte der städtische Leerstand sichtbar gemacht. Passanten konnten auf der Karte markieren, wenn sie etwas von Leerstehenden Häusern in München wussten.

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Zum Thema Leerstand, ob städtisch oder privat wird das Recht auf Stadt München Netzwerk in nächster Zeit noch einiges machen. Seit gespannt.

Du willst mit machen bei Recht auf Stadt München? Dann schreib einfach eine eMail an rechtaufstadtmuc[ät]yahoo.de oder Facebook Nachricht 


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Gastartikel: AufgeMUCkt

Am 17.06. können alle wahlberechtigten Münchner_innen gegen eine dritte Startbahn für den Flughafen stimmen. Warum sie das tun sollten zeigt Helga Stieglmeier, die Sprecherin der Bürger_inneninitiative „AufgeMUCkt“ in einem Gastartikel.

Es kann so einfach sein. Wenn am 17. Juni die Münchnerinnen und Münchner gegen die dritte Startbahn stimmen, dann findet unser jahrelanger Kampf ein erfolgreiches Ende. Denn die Stadt München ist – neben Land und Bund – Gesellschafterin der Flughafen-München-Gesellschaft (FMG). Und da bei großen Investitionen Einstimmigkeit herrschen muss, kann die Stadt tatsächlich dieses unsinnige Großprojekt verhindern. Allerdings muss sie erst durch den Bürgerentscheid auf diesen Weg der Vernunft gebracht werden. Denn noch steht die Stadtratsmehrheit hinter dem Wachstumskurs der FMG.

Dabei gibt selbst die FMG zu, dass mit dem bisherigen Zwei-Bahnen-System deutlich mehr als 480 000 Flugbewegungen pro Jahr abgewickelt werden können. Der bisherige Spitzenwert lag bei 430 000. Und das war im Jahr 2008! Seither haben sich die Flugbewegungen bei rund 400 000 eingependelt – es ist also noch genügend Spielraum vorhanden, zumal sich die Obergrenze durch einen optimierten Betrieb noch nach oben verschieben ließe.

Glücklicherweise geht aber die Tendenz ohnehin eher in die entgegen gesetzte Richtung. Sogar die hochpreisige Lufthansa hat massive Probleme, weil sich selbst bei ihr die steigenden Kerosinpreise immer stärker auswirken. Bei den Billiglinien haben die Treibstoffpreise natürlich einen noch viel höheren Anteil an den Gesamtkosten – da werden die Wachstumsphantasien der FMG noch schneller an ihre Grenzen stoßen. Denn die Preise müssen steigen, da die Erdölförderung ihren Höhepunkt überschritten hat und gleichzeitig die Nachfrage, gerade aus den Schwellenländern, massiv ansteigt.

Deswegen geht es am 17. Juni nicht nur um das ökologische Ziel, das Erdinger Moos vor seiner weiteren Zerstörung zu bewahren. Es gilt auch, diesen ökonomischen Unsinn zu verhindern. Bereits heute hat die FMG 2,7 Milliarden Euro Schulden, darunter fast 500 Millionen bei uns SteuerzahlerInnen. Für eine weitere Milliarde müssten letztlich auch wieder wir SteuerzahlerInnen geradestehen. Mit Geld, das an anderer Stelle ungleich wichtiger gebraucht würde: in Pflegeheimen und Kitas, in Unis oder Schulen.

Wir bitten deshalb alle Münchnerinnen und Münchner eindringlich: Helft Euch und uns am 17. Juni mit Eurer Stimme gegen diese wahnwitzige Startbahnplanung. Stimmt auch in unserem Namen mit Nein. Denn wir – die Hauptbetroffenen – dürfen nicht abstimmen.

Und hier noch ein Tipp für alle: Schaut bitte gleich auf die Seite www.meine-muenchner-stimme.de. Und telefoniert heute noch mit euren Münchner Bekannten. Es sind mehr als ihr denkt. Wenn alle wirklich anpacken, dann können wir es schaffen.

Helga Stieglmeier, Sprecherin der Bürgerinitiative AufgeMUCkt

Hamburg und München – Gemeinsamer Protest gegen die Bayerische Hausbau

Die Initiative ESSO-Häuser aus Hamburg St.Pauli und das Hamburger Bündnis „Mietenwahnsinn stoppen“ haben am Montag, den 05.03.2012, den Sitz der Bayerischen Hausbau in München einen Besuch abgestattet. Aktivist_innen aus den Hamburger und Münchener Netzwerken „Recht auf Stadt“ sowie der Fanszene beider Städte haben vor der Zentrale der Bayerischen Hausbau protestiert, in Form eines symbolischen Abrisses vor der Geschäftsstelle, ausgestattet mit Baggern und einer Abrissbirne. Ein öffentliches Gespräch mit den Aktivist_innen lehnte Hr. Taubenberger, Pressevertreter der Bayerischen Hausbau, jedoch ab.
Die Bayerische Hausbau hatte Anfang Februar in Hamburg den Dialog mit den Mieter_innen aufgekündigt und will nun gegen den Willen der Mieter_innen und Lokalpolitik den Abriss forcieren. Die Initiative ESSO-Häuser fordert hingegen den Erhalt der Bausubstanz, Instandsetzung, unbefristete Mietverträge für alle Mieter_innen und langfristige Mietverträge für die Gewerbetreibenden. Zudem arbeitet sie derzeit an einem eigenen Konzept für das Areal, das u.a. die Schaffung von Sozialwohnungen vorsieht. Eine Beteiligung von Unten sowie die Umsetzung eigener Vorhaben ist aus dem Stadtteil St. Pauli nicht wegzudenken.

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Yuppies!

Egal ob London, Moskau, Paris oder München, beinahe alle Bewohner einer europäischen Metropole stehen vor ein und demselben Problem: ihre einstmals günstigen Wohngegenden verändern sich immer mehr und sie werden verdrängt.

Am Anfang dieses Aufwertungsprozesses, der von Stadtforschern als Gentrifizierung bezeichnet wird, steht eine Wohngegend in der die Mieten noch bezahlbar sind und die gerade deswegen für Künstler und Studenten interessant ist. Sie ziehen in dieses Viertel und verändern es: Kreative eröffnen Galerien, Studenten bevölkern die Bars und es wird ein alternativer Lebensstil in das Viertel getragen. Plötzlich ist es Trend in einem solcher Viertel zu wohnen und wer etwas von sich hält, mietet sich hier ein. Angezogen durch die günstigen Grundstückspreise und dem zu erwartenden Profit werden nun auch Investoren aufmerksam. Banken und Immobilienunternehmen kaufen Grundstücke im großen Stil und sanieren diese. Am Ende der Gentrifizierung, die hier natürlich nur kurz dargestellt ist, ist das Viertel nicht mehr wieder zu erkennen. Nicht nur die Gebäude haben sich verändert sondern auch die soziale Zusammensetzung. Es hat ein kompletter Austausch der Bevölkerung stattgefunden und von den einstigen Bewohnern, Künstler oder Studenten finden sich hier niemand wieder. Weiterlesen